Die ewige Wiederkehr des Kellners
Bei der etymologischen Suche nach der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Kellner“ stoße ich auf den Hinweis, dass es sich um eine Beamtenbezeichnung handelt (etwa in Stuhlfelden). Ähnlich wie früher das Wort „Pfleger“ für den höchsten Beamten einer Region verwendet wurde und heute die etwas weniger mitfühlenden Bezeichnungen Bezirks- oder Gemeindevertretung in Gebrauch sind. Bezirksrichter, Pfleger, Kellner – so bekommt Obrigkeit etwas geradezu Wärmendes.
Auf einmal tropft es mir wie Bierschaum von den Augenbrauen, jener, an welchen ich meine verborgenen Wünsche richten möchte, ist mir in den letzten Monaten abhandengekommen. Dabei war mir immer schon klar, dass auch er als Adressat überfordert ist. Zwar gilt der Barmann als Ikone abendlicher Psychoanalyse, der ungefragt meist nicht nur die materiellen Scherben des umgestoßenen Glases wegkehren muss, sondern auch die immateriellen des leidlich gebrochenen Individuums. Aber wie kann er wirklich zum Verschwinden bringen, was bedrückt? Wie emporholen, was versunken? Wie herbeizaubern, was im Dunkeln versteckt?
Schließlich vermutet man, dass der lateinische Ursprung Cellarium dem heutigen Kellner zugrunde liegt und damit nicht nur die Vorratskammer, sondern das Wesen der Mönchszelle. Cella in Bisontia etwa heißt es in der Notitia Arnonis über die Gründung von Zell am See. Schier unüberblickbar ist die Zahl der Orte in Österreich mit einem „Zell“ im Namen. Überall herrscht dem Namen nach mönchische Verschwiegenheit und selbstgenügsame Askese.
Deshalb war der Wirtshausbesuch immer schon ein Surrogat, eine Handlung mit dem Eingeständnis, dass hier nicht die Erfüllung zu finden sei, sondern bloß die Hülle davon (konkret ‚Hüsn‘). Weil aber eben auch die Hülle wärmt, folgte Woche für Woche der Gang zum Tresen – bis zum 2. November 2020. Denn wenn schon nicht Unsterblichkeit, Liebe oder rauschender Reichtum möglich sind, einen Wunsch erfüllte der Kellner verlässlich und besonders liebevoll erklingt er jetzt wieder in Wien: „Schani, a Kriagl!“
Bei der etymologischen Suche nach der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Kellner“ stoße ich auf den Hinweis, dass es sich um eine Beamtenbezeichnung handelt (etwa in Stuhlfelden). Ähnlich wie früher das Wort „Pfleger“ für den höchsten Beamten einer Region verwendet wurde und heute die etwas weniger mitfühlenden Bezeichnungen Bezirks- oder Gemeindevertretung in Gebrauch sind. Bezirksrichter, Pfleger, Kellner – so bekommt Obrigkeit etwas geradezu Wärmendes.
Auf einmal tropft es mir wie Bierschaum von den Augenbrauen, jener, an welchen ich meine verborgenen Wünsche richten möchte, ist mir in den letzten Monaten abhandengekommen. Dabei war mir immer schon klar, dass auch er als Adressat überfordert ist. Zwar gilt der Barmann als Ikone abendlicher Psychoanalyse, der ungefragt meist nicht nur die materiellen Scherben des umgestoßenen Glases wegkehren muss, sondern auch die immateriellen des leidlich gebrochenen Individuums. Aber wie kann er wirklich zum Verschwinden bringen, was bedrückt? Wie emporholen, was versunken? Wie herbeizaubern, was im Dunkeln versteckt?
Schließlich vermutet man, dass der lateinische Ursprung Cellarium dem heutigen Kellner zugrunde liegt und damit nicht nur die Vorratskammer, sondern das Wesen der Mönchszelle. Cella in Bisontia etwa heißt es in der Notitia Arnonis über die Gründung von Zell am See. Schier unüberblickbar ist die Zahl der Orte in Österreich mit einem „Zell“ im Namen. Überall herrscht dem Namen nach mönchische Verschwiegenheit und selbstgenügsame Askese.
Deshalb war der Wirtshausbesuch immer schon ein Surrogat, eine Handlung mit dem Eingeständnis, dass hier nicht die Erfüllung zu finden sei, sondern bloß die Hülle davon (konkret ‚Hüsn‘). Weil aber eben auch die Hülle wärmt, folgte Woche für Woche der Gang zum Tresen – bis zum 2. November 2020. Denn wenn schon nicht Unsterblichkeit, Liebe oder rauschender Reichtum möglich sind, einen Wunsch erfüllte der Kellner verlässlich und besonders liebevoll erklingt er jetzt wieder in Wien: „Schani, a Kriagl!“
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